Made
in UK
Rover 75 V6 2.5
Auto Magazin 8/1999
Dieses Auto ist so britisch, dass seine Erbauer darauf bestehen, dass auch
der deutsche Kunde schwungvoll „Seventyfive“ zu ihm sagen möge, und nicht
einfach nur „Fünfundsiebzig“.
Der Weg, den Rover mit dem
75 („Seventyfive“, nicht vergessen!) geht, ist der einzig richtige: Raus aus
der Uniformität, rein in das typisch Britische, das man verbindet mit poliertem
Holz und dem unverwechselbaren Duft von Connolly-Leder.
Manche Klischees sind einfach gut, und sie zu nutzen ist eine Kunst, die Rover
das Überleben sichern kann.
Der 75 („Sevent..., na, Sie wissen schon) zitiert an allen Ecken und Enden die
englische Auto-Tradition und die goldenen 60er Jahre. Er erfindet ganz neu die
auf Gürtelhöhe umlaufende Chromleiste, die früher alle Autos hatten und die
wir heute plötzlich wieder toll finden. Er klotzt mit Chrom, mit
Wurzelholz-Dekor im Schrankwand-Format, er setzt uns ovale Instrumente im
elfenbeinernen Retro-Design vor. Und das Erstaunliche daran ist, dass all das überhaupt
nicht aufgesetzt oder künstlich wirkt, sondern uns als überzeugende Einheit
gegenüber tritt, von der wir sagen: Ja, so muss ein echter Rover aussehen.
Der neue Rover 75 (...., genau) kommt fast zeitgleich mit dem Jaguar S-Type auf
den Markt, der ebenfalls heftig die Vergangenheit bemüht. Im Vergleich mit dem
Jaguar hat Rover es allerdings geschafft, dem 75 noch mehr Eigenständigkeit und
„Britishness“ mit auf den Weg zu geben. Das klassisch-schöne
Rover-Armaturenbrett hätte man eigentlich im Jaguar erwartet. Im Gegensatz zum
S-Type bietet der 75 auch einige kleine Annehmlichkeiten, die man heute in einem
Auto der gehobenen Klasse erwartet – zum Beispiel einen Griff innen am
Kofferraumdeckel zum Zuziehen desselben oder eine Tipp-Automatik für die
Fensterheber.
Der Einfluss der
Konzernmutter BMW macht sich doch in einigen Details positiv bemerkbar. Das
Einsteigen in den 75 (...) beginnt damit, einen Türgriff in die Hand zu nehmen,
der sich anfühlt, als wäre er aus dem Vollen gefeilt und fünf Kilo schwer.
Eins zu null für Rover. Der Hintern plumpst auf breite, bequeme Sessel, die in
der Topversion „Celeste“ (der Name ist für uns Wahl-Briten ein wenig
befremdlich, isn’t it?) mit Leder bezogen sind.
Die Sattlerarbeiten sind in bester britischer Handwerkstradition ausgeführt und
wirken sehr hochwertig, ungefähr um vier Klassen besser als die
Lederausstattung in einem Opel Vectra (ja, auch das gibt’s). Die Sitze sind
beim Celeste elektrisch verstellbar, das Lenkrad mechanisch in Hoch- und Längsrichtung.
Die Kopffreiheit ist vorne sehr großzügig bemessen, hinten ist sie für
Sitzriesen allerdings etwas knapp.
Die Bedienung ist übersichtlich und unproblematisch, auch hier merkt man den
BMW-Einfluss. Am deutlichsten wird er beim Navigationssystem mit Bordmonitor
(Philips Carin), das komplett mit den Schaltern von BMW übernommen wurde. Die
Topmotorisierung der 75-Baureihe ist der 2,5-Liter-Sechszylinder mit 177 PS.
Dieser Motor, der mit der BMW-Motorenpalette rein gar nichts zu tun hat, ist
nicht gerade ein Ausbund an Temperament, aber trotzdem eine sehr angenehme
Antriebsquelle. Er läuft ausgesprochen leise und kultiviert.
Das
Aggregat bleibt immer im Hintergrund und treibt den 75 sehr vornehm durch die
Lande. Das im Testwagen installierte Fünfganggetriebe ließ sich exakt und gut
schalten, das gegen Aufpreis lieferbare Automatikgetriebe mit fünf (!) Gängen
passt allerdings noch besser zum komfortablen Stil des Briten. Dieser Charakter
wird vor allem durch das Fahrwerk des 75 geprägt, das ganz auf Bequemlichkeit
getrimmt ist. Der Federungskomfort ist nichts weniger als erstklassig. Weich
abgestimmt, aber dennoch ausreichend straff gedämpft, schlucken die
Federelemente praktisch alles.
Sehr überzeugend ist auch die Lenkung: Leichtgängig, sehr präzise, ohne
Antriebseinflüsse von den Vorderrädern. Ende Juni steht der Rover 75 bei den Händlern.
Unser Testwagen mit 2,5-Liter-V6 und kompletter Celeste-Ausstattung ist für
62800 Mark zu haben. Gemessen an einem C-Klasse-Mercedes, einem Audi A4 oder
einem 5er-BMW (der Vergleich scheint nicht abwegig) ist das günstig.